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27.12.2006 |
Plattenbauten: Solarenergie statt Abriss
Sie waren einmal sehr begehrt, heute stehen viele von ihnen vor dem Abriss: Plattenbauten im Osten. Dr. Hartmut Hübner und Andreas Hermelink von der Uni Kassel haben ein Konzept zur energetischen Sanierung von Plattenbauten unter Nutzung von Solarenergie entwickelt. Mit „Solanova“ konnte der Energieverbrauch einer ungarischen Plattenbausiedlung um mehr als 80 Prozent gesenkt werden, dabei kostete die Sanierung nur 250 Euro pro Quadratmeter. Für ihr Konzept erhielten die Kasseler Wissenschaftler den Europäischen Solarpreis 2006.
Mit etwa 25 Litern Heizöl je Quadratmeter und Jahr verbrauchen unrenovierte Plattenbauten in Mittel- und Osteuropa bis zu 50 Prozent mehr als durchschnittliche Gebäude in Deutschland. Grund: ihr enorm hoher Wärmeverlust. Hochmoderne Passivhäuser dagegen verlieren aufgrund ihrer exzellenten Dämmeigenschaften kaum Wärmeenergie. Allein passive Wärmequellen wie Sonne Haushaltsgeräte und die Bewohnerinnen und Bewohner selbst temperieren die Räume angenehm. Bereits eine minimale Zusatzheizung genügt dann, um ein behagliches Raumklima zu schaffen.
Mit „Solanova“ haben die Forscher vom Wissenschaftlichen Zentrum für Umweltsystemforschung (WZIII) an der Universität Kassel gezeigt, dass es mittels Passivhaus Technologie möglich ist, Plattenbauten von „Energiefressern“ kostengünstig zu Super-Niedrigenergiehäusern umzubauen. „Solanova“ steht dabei für „Solar unterstützte, integrierte ökoeffiziente Renovierung von großen Wohngebäuden und Energieversorgungssystemen“. Seit Januar 2003 hatten die Forscher Sponsoren und Partner gewonnen und die vorhandene Passivhaus Technologie aus Deutschland und Österreich auf die Plattenbau-Renovierung zugeschnitten.
Herausgekommen ist ein innovatives Renovierungsmodell: Einen siebengeschossigen Plattenbau in der ungarischen Stadt Dunaújváros, 70 Kilometer südlich von Budapest, hatte sich die Forschergruppe dafür ausgesucht. Ihr Warmwasser heizen die Bewohnerinnen und Bewohner des sanierten Plattenbaus jetzt mittels Sonnenkollektoren. Eine Dämmschicht und Isolierfenster lassen keine Wärme mehr entweichen, eine Jalousie hält im Sommer die Sonne zurück. Mit Hilfe eines Wärmetauschers sorgt eine verdeckt angebrachte Lüftungsanlage vollautomatisch für temperierte Frischluft.
Eine zentrale Rolle für den Erfolg von „Solanova“ spielte für die Kasseler Wissenschaftler die Akzeptanz der Passivhaus Technologie durch die Bewohnerinnen und Bewohner. Alles, woran sie sich gewöhnt hatten und was ihnen lieb war, wurde daher nicht verändert. So sind trotz der automatischen Zufuhr von erwärmter Frischluft alle Fenster in den Wohnungen zu öffnen und haben ihre gewohnte Größe behalten. Kleinere Fenster ohne Öffnungsmöglichkeit hätten zwar den Wärmeverlust weiter verringert. Die Bewohnerinnen und Bewohner hätten sich aber möglicherweise gegängelt geführt. „Wir wollten sie in ihren Vorstellungen von Wohnqualität auf keinen Fall beschneiden“, so Projektmanager Andreas Hermelink.
Hübner und Hermelink sind am Center for Environmental Systems Research (WZ III) der Universität Kassel tätig. Hübner leitet dort die Forschungsgruppe NEST (Nachhaltiges Energie- und Stoffstrommanagement), die sich mit Systemanalyse und Systemgestaltung von nachhaltigen Versorgungspfaden befasst. Arbeitsschwerpunkte sind Konzepte zur Verbesserung der Energieeffizienz von Gebäuden und zur Nachhaltigkeit von Versorgungssystemen. Für ihr Konzept zur energetischen Sanierung unter Nutzung von Solarenergie erhielten die Kasseler Wissenschaftler am 7. Dezember in Berlin den Europäischen Solarpreis 2006.
Quelle: Universität Kassel
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