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19.12.2012

Neue Stromtrassen: Rösler setzt Akzeptanzansätze aufs Spiel

Kurz vor dem Ziel setzt die Bundesregierung das bei der Planung des Stromnetzes für die Energiewende bei betroffenen Anwohnern mühsam erworbene Vertrauenskapital aufs Spiel. Das Bundesbedarfsplangesetz (BBPlG), das Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) heute im Kabinett zur Abstimmung stellt, widerlegt nach Überzeugung der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH) mutwillig die im bisherigen Konsultationsverfahren zum Netzentwicklungsplan Strom (NEP 2012) erklärte Bereitschaft der Bundesregierung zu einer echten Bürgerbeteiligung.

„Wer ständig Bekenntnisse zur Bürgerbeteiligung im Munde führt, kann nicht gleichzeitig die von praktisch allen vor Ort betroffenen Bürgerinnen und Bürger erhobene Hauptforderung nach mehr Erdkabeln brüsk zurückweisen. Philipp Rösler reißt mit dem Hintern ein, was andere an Vertrauensansätzen mühsam aufgebaut haben“, erklärt DUH-Bundesgeschäftsführer Michael Spielmann. Mit dem BBPlG-Entwurf soll nach jahrelanger Planung und mehreren Konsultationsverfahren, an denen sich neben Umweltverbänden wie der DUH auch tausende Bürger beteiligt haben, das Fundament für den Aus- und Umbau des Stromnetzes für die Energiewende gelegt wer-den.

Der im Bundeswirtschaftsministerium federführend formulierte Gesetzentwurf behandelt die von vielen Standort-Bürgerinitiativen geforderte Teilerdverkabelung künftiger Trassen mit Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragung (HGÜ) so restriktiv wie eben möglich – und lässt nach dem in der vorletzten Woche zur Stellungnahme versandten Entwurf nur ein einziges Pilotprojekt zu. Die Bürgerinitiativen erhoffen sich von der Verlegung unter die Erde geringere Auswirkungen auf die Gesundheit, die Natur und das Landschaftsbild. „Die Entscheidung für eine einzige Teststrecke stößt tausende engagierte Bürgerinnen und Bürger vor den Kopf. Sie reicht auch nicht aus, um mit dieser Technik die dringend benötigte Erfahrung im Alltagsbetrieb zu sammeln“, sagt Peter Ahmels, der Leiter Erneuerbare Energien bei der DUH. „Wir fordern weitere HGÜ Teststrecken auf allen drei Nord-Süd-Korridoren.“

Ahmels verwies darauf, dass nach Informationen der DUH auch der Übertragungsnetzbetreiber Tennet in seiner Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf anrege, die Teilverkabelung bei allen drei geplanten HGÜ Trassen grundsätzlich zuzulassen. Alles andere, so Tennet, sei der interessierten Öffentlichkeit und vom Netzausbau Betroffenen „nicht vermittelbar“.

Auch die in Röslers Gesetzentwurf vorgesehene Verkürzung des Rechtswegs auf das Bundesverwaltungsgericht als einzige Gerichtsinstanz wird nach Überzeugung der DUH die Akzeptanz der Netzausbaumaßnahmen in der betroffenen Bevölkerung erschweren.

Grundlage für den BBPlG-Entwurf der Bundesregierung ist der von der Bundesnetzagentur (BNetzA) bestätigte Netzentwicklungsplan, der den Bedarf an neuen Höchstspannungstrassen im Rahmen der Energiewende festlegt. Insgesamt müssen demnach 2800 km neue Höchstspannungsleitungen (380 Kilovolt) gebaut werden, 2900 km müssen verstärkt oder in bestehenden Trassen neu errichtet werden.

Die DUH hält den Um- und Ausbau der Stromübertragungsnetze im Grundsatz für unausweichlich, selbst wenn den Ausbaubedarf reduzierende Maßnahmen, wie Energieeinsparung, Lastmanagement oder regionale Erzeugung, greifen würden. „Ohne einen Um- und Ausbau der Leitungen wird die Energiewende nicht funktionieren“, so Ahmels. Aber gerade deshalb müsse jeder Schritt, der von der Regierung getan werde, auch bezüglich seiner Rückwirkung auf die Akzeptanz sorgfältig bewertet werden.

Ein Schritt voran sei es gewesen, dass die Bundesnetzagentur im schließlich bestätigten Netzentwicklungsplan nur Leitungen mit einer bestimmten erwarteten Mindestauslastung zugelassen habe. Von den 74 von den Übertragungsnetzbetreibern beantragten Maßnahmen waren deshalb nur 51 bestätigt worden.

Der BBPlG-Entwurf sei, wenn er so im Bundestag verabschiedet würde „ein klarer Schritt zurück“, erklärte Ahmels. Er forderte die Abgeordneten des Bundestages auf, das Gesetz im parlamentarischen Verfahren zu korrigieren. 

Quelle: Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH)

  

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