Artikel vom 10.12.2012, Druckdatum 16.04.2024

DUH: Weltklimaverhandlungen als Teil eines umfassenderen Prozesses begreifen

„Die Ergebnisse von Doha sind angesichts der dramatischen Herausforderungen des Klimaschutzes völlig unzureichend und blamabel, gerade auch für Deutschland und die Europäische Union“, so der Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e. V. (DUH), Michael Spielmann, nach Abschluss der 18. Weltklimakonferenz. Der wahre Verhandlungsführer in Doha sei nicht Umweltminister Peter Altmaier (CDU), sondern der nicht anwesende Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP) gewesen.

„In Doha hat sich die seit Jahren zu beobachtende Erosion der Vorreiterrolle Deutschlands und der EU in den Weltklimaverhandlungen weiter beschleunigt. Und das in einer Situation, in der auch die Delegationen der wichtigsten Emittentenstaaten, China und USA, offensichtlich innenpolitisch neutralisiert anreisten“, so Spielmann weiter. 

„Die Tatsache, dass es im Vorfeld und in Doha selbst nicht möglich war, das isolierte Polen von seiner die ganze EU lähmenden Blockadepolitik abzubringen, ist ein diplomatischer Offenbarungseid. Die Bundesregierung ist dafür wesentlich mitverantwortlich: Der wahre Verhandlungsführer in Doha war nicht der anwesende Umweltminister Peter Altmaier (CDU), sondern der nicht anwesende Wirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP). Auf ihn konnte sich die polnische Verhandlungsführung verlassen wie auf niemand sonst in der EU.“

Gemeinsam habe diese merkwürdige Allianz verhindert, dass die EU ihre klimapolitischen Ambitionen bis zum Inkrafttreten eines neuen Weltklimavertrags im Jahr 2020 verstärkt, so Spielmann weiter. „In Deutschland bestimmt nach der Verfassung Bundeskanzlerin Angela Merkel die Richtlinien der Politik. Wo ist die Klimakanzlerin? Wenn Frau Merkel diesem Prozess der klimapolitischen Selbstdemontage weiterhin tatenlos zusieht, ist sie auf dem besten Weg zur 4-Grad-Kanzlerin.“ 

Doch trotz dieser vordergründig so trüben Bilanz von Doha gilt laut Spielmann: „Obwohl die in letzter Minute beschlossene Fortführung des Kyoto-Protokolls ohne ehrgeizige Verschärfung der Klimaziele für irgendjemanden praktisch nichts für den weltweiten Klimaschutz bringt, bedeutet diese Entscheidung doch viel für die Möglichkeit, später zu besseren Ergebnissen zu kommen. Gleiches gilt für die Festigung des Mandats zur Schaffung einer Weltklimavereinbarung, die Kyoto ablöst und ab 2020 alle heute wesentlichen Emittenten in die Pflicht nimmt. Das ist wenig, aber mehr als nichts. 

Die UN-Klimaverhandlungen müssen fortgeführt werden, schon um das Jahrhundertthema in solchen Gesellschaften auf der Agenda zu halten, die einerseits zu den weltweit wichtigsten Emittenten von Treibhausgasen zählen und andererseits den Kopf vor den Folgen in den Sand stecken. Sie können und müssen helfen, in der politischen Klasse dieser Länder die Erkenntnis zu verankern, dass eines schon auf mittlere Sicht viel teurer wird als Klimaschutz: Kein Klimaschutz. 

Aber Doha hat erneut deutlicher als je zu vor gezeigt, dass die Weltklimaverhandlungen nur noch Teil eines viel umfassenderen Prozesses sind. Dieser Prozess vollzieht sich, ökonomisch, technisch und regionalpolitisch getrieben, ganz unabhängig von zähen weltumspannenden Verhandlungen. 

Der Siegeszug von Effizienztechnologien und neuen Erneuerbaren Energien hat punktuell, aber unaufhaltsam Fahrt aufgenommen. Jetzt gilt es diese Erfolge auf andere Bereiche auszudehnen und vor allem in Richtung auf eine Agrarwirtschaft, die ohne eine für das Klima katastrophale Form der Landnutzung und die systematische Zerstörung unersetzbarer Kohlenstoffsenken auskommt. 

Die Dynamik dieser Prozesse, nicht die von UN-Klimaverhandlungen, wird darüber entscheiden, ob der Klimawandel noch so eingedämmt werden kann, dass für den Menschen ein Leben auf der Erde, wie wir es kennen, möglich bleibt“, so Spielmann abschließend.
 
Quelle: Deutsche Umwelthilfe e. V. (DUH)
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