Artikel vom 24.04.2012, Druckdatum 26.04.2024

Dünnschicht-Photovoltaik: Unternehmen müssen aktuelle Entwicklungen für sich nutzen

„Vor dem Hintergrund des First Solar-Rückzugs aus Deutschland steht die Solarbranche wieder einmal vor einem Wendepunkt“, eröffnete Karl-Heinz Remmers, Vorstandsvorsitzender des Veranstalters Solarpraxis AG vergangene Woche das Thin-Film Industry Forum 2012. Die Veranstaltung, die am 19. und 20. April in Berlin-Adlershof stattfand, wurde im Rahmen der weltweit größten Dünnschicht-Photovoltaik-Konferenz 4. Photovoltaics Thin Film Week organisiert. Hoffnung mache die Aussicht auf neue Märkte, die u. a. durch sinkende Modulpreise entstehen würden, erklärte Remmers weiter.

Dass der europäische Markt schrumpfen wird und vor allem die Märkte in Asien, aber auch in den USA zunehmend an Bedeutung gewinnen werden, zog sich wie ein roter Faden durch die Veranstaltung. „Entscheidend für Unternehmen ist es, wie sie diese Entwicklung in Zukunft für sich nutzen“, betonte Dr. Winfried Hoffmann von der European Photovoltaic Industry Association (EPIA). Die Preiserwartungen für kristalline Solarmodule im Jahr 2020 lägen bei rund 60 bis 80 US-Dollar-Cent pro Watt während die der Dünnschicht Photovoltaik zwischen 30 und 70 US-Dollar-Cent pro Watt erwartet werden. Die Basis für diese Prognose seien jeweils „gesunde“ Preise, bei denen jeder Teil der Wertschöpfungskette ausreichend verdiene.

Matthias von Armansperg von ACCELIOS Solar ging darauf ein, dass chinesische Hersteller auch im Dünnschicht-PV-Sektor massiv die Preise heruntertrieben, wodurch der Preisunterschied zwischen kristallinen und Dünnschicht-PV-Modulen immer geringer werde. Vor diesem Hintergrund gäbe es derzeit eine Menge Bewegung im Dünnschicht-Solarsektor. Von Armansperg zweifelte daran, ob sich das chinesische Geschäftsmodell als nachhaltig herausstellen wird. „Wie in Japan und Korea werden die steigenden Lohnkosten auch in China dazu führen, dass die Preise auf Dauer wieder steigen und sich dadurch den europäischen Preisen angleichen“, hofft von Armansperg.

Unter dem Titel „Market outlook - is finance the bottleneck for thin-film PV?“ ging Götz Fischbeck, Smart Solar Consulting auf die Projektfinanzierung ein. Vor dem Hintergrund der sich schnell ändernden Rahmenbedingungen werde es zunehmend schwerer sowie zeit- und kostenintensiver, die Finanzierung in den etablierten (europäischen) Märkten zu sichern. Viele Banken geben die Finanzierung erst frei, wenn das Photovoltaik System fertiggestellt und die zutreffende Einspeisevergütung bestätigt ist. So verhindern sie, das Risiko zu tragen, wenn regulatorische Änderungen den Cash-Flow behindern. 

Für die wachsenden Märkte in Osteuropa, Nordafrika und Mittel- und Südamerika müsse ein großer Teil der Finanzierung von Photovoltaik Projekten von lokalen Banken gesichert werden, die zurzeit jedoch noch wenig Erfahrung mit der Finanzierung von Solarprojekten besäßen. Für eine steigende Anzahl an Dünnschicht-PV-Herstellern würde die Finanzierung aufgrund der genannten Bedingungen zu einer kritischen Hürde, resümierte Fischbeck.

Gerade bei der Dünnschicht Photovoltaik sei die Bankability schwierig, da diese nicht auf eine vergleichbar lange Geschichte zurückblicken könne wie die kristalline Photovoltaik ging auch Matthew Feinstein von Lux Research auf das Thema ein. Er riet Akteurinnen und Akteuren im Dünnschicht-Photovoltaik-Markt, die ihre technologische Entwicklung zugunsten der Vermarktung vernachlässigt haben, möglichst schnell wieder in die Weiterentwicklung ihrer Produkte zu investieren, um langfristig erfolgreich bleiben zu können. 

Weiterhin wies er darauf hin, dass die wachsenden Märkte Südasiens, des Nahe Ostens und Südamerikas, in denen die kristalline Photovoltaik noch nicht etabliert sei, sich am besten für die Einführung von Dünnschicht Photovoltaik eignen. Diese Märkte würden sich in den nächsten Jahren vervierfachen, so Feinstein. Im Folgenden gingen Madhavan Nampoothiri (RESolve Energy Consultants), Stefan Wegener (First Solar GmbH) und Dirk Morbitzer (Renewable Analytics) näher auf die Zukunftsmärkte Indien, den Nahen Osten und die USA ein.

Am zweiten Konferenztag wurde über weitere Schritte gesprochen, die Dünnschicht Photovoltaik wettbewerbsfähig zu machen. In diesem Rahmen erläuterten Andreas Wade von First Solar und Holger Meyer von Hellmann Worldwide Logistics die EU-Elektro- und Elektronikgeräte-Abfall-Richtlinie (WEEE), die zukünftig auch für Solaranlagen gelten soll. Die Vortragenden rieten den Anwesenden, gut vorbereitet zu sein, denn die im Jahr 2014 anstehende Umsetzung sei herausfordernd und komplex. Zwar seien bereits heute Recyclingprozesse für alle Technologien vorhanden, doch befinde sich die technische Entwicklung hier teilweise noch in den Kinderschuhen.

In der Abschlussdiskussion machte Dr. Tobias Enzenhofer von Global Solar Energy darauf aufmerksam, dass es trotz aller schlechten Nachrichten einen Grund gäbe, auf die Entwicklungen der letzten Jahre stolz zu sein. „Es wurde eine Menge erreicht“, so Enzenhofer. Stefan Zorn von Singulus Technologies sah den nächsten Schritt, dem Preisdruck zu begegnen in der Standardisierung. 

Ein weiterer Diskussionspunkt betraf die Gebäudeintegration von Dünnschicht Photovoltaik für die ein großes Potenzial gesehen wird, auch wenn der Markt dafür derzeit noch klein sei. „Die Gebäudeintegration erfordert maßgeschneidert Lösungen, die im Kontrast zur Standardisierung und den damit verbundenen Kosteneinsparungen stehen“, so Dr. Franz Karg von AVANCIS.

Am Thin-Film Industry Forum 2012 nahmen knapp 200 internationale Teilnehmerinnen und Teilnehmer teil. Die nächste Veranstaltung der Solarpraxis AG findet am 30. und 31. Mai in Berlin statt. Mehr unter www.solarpraxis.de

Quelle: Solarpraxis AG
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