Artikel vom 20.06.2011, Druckdatum 29.03.2024

Kurzstudie zeigt Alternativen für Vorsorge von Stromengpässen auf

Der Vorschlag der Bundesregierung, ein Atomkraftwerk für ein Jahr als Reserve-Kraftwerk vorhalten zu wollen, ist energiewirtschaftlich wenig nachvollziehbar, teuer und gefährlich. Zu diesem Ergebnis kommt eine von Greenpeace in Auftrag gegebene Kurzstudie des Instituts für ZukunftsEnergieSysteme (IZES). Laut Studie gibt es günstigere und sicherere Maßnahmen, um einem Stromengpass im kommenden Winter zu begegnen. Dieser sei laut Studie allerdings ohnehin wenig wahrscheinlich.

Greenpeace fordert von Bundeswirtschaftsminister Philipp Rösler (FDP), seinen Vorschlag für ein Atomkraftwerk in Reserve zu korrigieren. „Es ist richtig und auch die Pflicht der Regierung, Vorsorge für alle nur erdenklichen Extremsituationen bei der Sicherheit der Stromversorgung zu treffen“, erklärt Andree Böhling, Energieexperte von Greenpeace. „Der Vorschlag, eines der älteren AKW für ein Jahr als Reserve weiter laufen zu lassen, ist allerdings absurd und unverantwortlich. Zumal der Reservemodus den alten Atommeiler sogar zusätzlich belasten könnte.“ 

Atomkraftwerke sind laut Kurzstudie als sogenannte Kaltreserve wenig geeignet und wurden bislang in der Praxis hierfür auch nicht herangezogen. Geeignete Notreserven für Stromspitzen im kommenden Winter müssten in weniger als 36 Stunden zur Verfügung stehen. Aufgrund der komplizierten Anfahrtstechnik hieße das für ein Atomkraftwerk dass es voraussichtlich dauerhaft im sogenannten heißen Standby-Betrieb laufen müsste. Damit verbunden sind sehr hohe Kosten und auch zusätzliche Sicherheitsrisiken. 

Die Wahrscheinlichkeit von Stromengpässen oder Netzinstabilitäten in Süddeutschland ist laut Studie ohnehin gering und durch alternative Vorsorgeoptionen beherrschbar. Die einer Extremsituation unterstellte Annahme einer Spitzenlast von über 80 Gigawatt ist in den letzten 10 Jahren in Deutschland nicht in einer einzigen Stunde des Jahres aufgetreten. Eine Spitzenlast von über 78 Gigawatt ist 2010 in nur drei Stunden des Jahres aufgetreten. Notfallmaßnahmen müssten, wenn überhaupt, nur für sehr geringe Zeiträume von wenigen Stunden ergriffen werden. 

Zur Vorsorge für solch kurzzeitige Extremsituationen gibt es günstigere und vor allem sicherere Alternativen als ein Atomkraftwerk Möglich sind laut Studie neben einem längeren Betrieb bestehender Reservekraftwerke wie z.B. dem alten Ölkraftwerk Pleinting auch Maßnahmen zur Reduzierung der Spitzenlast. So könnten industrielle Großverbraucher gegen finanzielle Kompensationen die Produktion für die entsprechenden Stunden drosseln. Auch könnte der Strombedarf durch einen schnelleren Ersatz von Stromheizungen deutlich verringert werden. 

„Die Idee, für den nächsten Winter zusätzliche Vorsorgemaßnahmen zu ergreifen, war sicher gut gemeint, würde mit einem Reserve-AKW aber denkbar schlecht umgesetzt“, so Böhling. „Minister Rösler sollte jetzt die Größe haben, seinen Vorschlag zu korrigieren. Ansonsten stürzt sich die Regierung in ein irrsinniges Abenteuer.“ 

Quelle: Greenpeace Deutschland
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